Das Heuen beginnt
Eine Woche strahlender Sonnenschein sind vorhergesagt bei über 30 Grad. Also machen auch wir das, was alle um uns herum teilweise schon zum zweiten Mal tun: Heuen. Der nasse Mai hat die Gräser – manche Kuh würde sagen das Unkraut – sprießen lassen. Unsere Waldschafe hingegen begnügen sich auch mit Diesteln, Acker-Wicke oder Hahnenfuss.
Den Kreiselmäher an den Traktor zu montieren, war wie jedes Jahr eine echte Qual. Es fehlt die Routine mit den landwirtschaftlichen Geräten und so ist die Anspannung bei den ersten Reihen groß – zumal sich das Mähwerk nach der Winterpause erst wieder einspielen muss, und so bleibt zwischen den abgeschnittenen Grasgaben oft ein Rest stehen. Zum Glück haben wir ja unsere Schafe, die bei ihrem Appetit diesen Fauxpas ordentlich abfressen werden.
Wir hatten die Schafe bereits einmal am Waldrand entlang zur Kleinen Ohe ein Stück Wiese abweiden lassen. Dieses Mal durften sie den Entwässerungsgraben kahl fressen und sich erneut über das Gras im Schatten der Büsche hermachen, die ebenfalls von unten her gestutzt werden. Etwas Abwechslung muss auch bei rein pflanzlicher Kost sein.
Die beiden Lammböcke haben vor zwei Tagen ihre Schlachtmarken bekommen. Es hilft nichts, aber der Austausch für unsere Herde ist zwingend geboten. Und so gibt es bald wieder Lamm und Schafshack, denn auch zwei ältere Damen werden wohl dran glauben müssen. Auf diese Weise haben Jackson und wir zumindest wieder ausreichend zu essen.
Dabei hätte Jackson eigentlich gar kein Essen verdient. Denn der Fuchs hat sich mal wieder eine Henne geschnappt: direkt vor seinen müden Augen nur einen Meter entfernt vom „Jackson Prison“; fast so als wüsste Meister Reinecke, dass der große Hund nicht durch die Gitterstäbe passt. Das Bellen setzte erst ein, als der Hahn seinen Warnruf ausstieß und ich aus der Balkontür trat, um den Fuchs mit der Henne im Maul gerade noch am Waldrand zu erblicken. Silke ist dann mit Jackson hinterher – vergeblich.
Am nächsten Tag tauchte er dann am Nachmittag gleich noch einmal auf. Dieses Mal saß ich auf der Bank, als der Hahn erneut Laut gab, weil sich der Fuchs auf leisen Sohlen gerade in Richtung der kleinen Hühnerschar bewegte, mich aber nicht gesehen hatte. Nach kurzem Zögern nahm er reißaus, als ich ein bisschen fassungslos aus dem Schatten der Hauswand auf ihn zustürmte.
Mal sehen, ob die Idylle trügerisch bleibt oder sich der Fuchs mit dem einen erbeuteten Huhn zufrieden gibt. Tags zuvor hatte sich Krawall-Susi doch noch zum Glucken entschlossen. Die ersten Probe-Sitzungen dauerten nur einen Nachmittag. Jetzt sitzt sie schon drei Tage auf den Eiern, die wir ihr nach und nach untergeschoben haben. Die restlichen Hühner sind umquartiert in den Sommerstall. Denn bei dem Gerangel um den besten Legeplatz musste Krawall-Susi ihre Kuhle so energisch verteidigen, dass ein, zwei Eier zu Bruch gegangen sind. Eigentlich keine gute Ausgangsbasis für das Gelege. In rund 20 Tagen wissen wir mehr.
Dieses Jahr haben wir früher mit dem Heuen begonnen als die Jahre zuvor. Das Rechen der Reihen mit dem Holzrechen bleibt eine anstrengende, aber meditative Beschäftigung. Ein bisschen graut mir vor dem Verstauen auf dem Bretterboden oberhalb des Schafstalls. Das werden sicher wieder an die fünfzig Säcke Heu, die mit dem Flaschzug nach oben gehievt und dort verteilt werden müssen. Aber dafür haben unsere bähenden Freunde im Winter wieder ausreichend zum (Wieder-)Kauen.
Eigentlich hatte ich mich ja darauf gefreut, keinen Zeitdruck gerade hinsichtlich der Heusaison zu haben, wenn ich meinen Job als festangestellter Mitarbeiter des BR vorübergehend an den Nagel hänge, aber wie es der Zufall so will, bin ich Donnerstag und Freitag zu meinem Einarbeitungsdienst im Studio Deggendorf als freier journalistischer Mitarbeiter eingeteilt. D.h., wir müssen mit der ersten Runde Heuen am Mittwochabend fertig sein. Dann kann ich mich wie früher am Schreibtisch erholen;-)