Der erste Frühlingshauch
Heute erreichten auch bei uns im Kälte-Tal der Berger-Au die Temperaturen erstmals zweistellige Werte. Blauer Himmel war zwar nur zwischendurch zu sehen, aber der Wind wehte einen warmen Frühlingshauch ums Haus und die Helligkeit verhalf der Solaranlage die Batterie auf 100 Prozent zu bringen trotz eingeschalteter Heizungen. Das Gefühl der Erleichterung ist kaum zu beschreiben, dass bei uns vorherrscht, seitdem die Schmelzsicherungen ausgetauscht und die Solaranlage auch tatsächlich wieder Strom liefert.
Die Hühner nutzten die wärmende Hausmauer, um sich in der Sonne und der vermeintlichen Sicherheit von ihrem Schreck zu erholen. Vermeintlich deshalb, weil gestern der Habicht direkt an der Hauswand zwischen unserer Terrasse und dem Eingang zum Hühnerstall, sich aus der Luft ein Huhn gegriffen und es auf den Boden gedrückt zu rupfen begonnen hatte. Dann machte Louie immerhin einen solchen Lärm, während er sich unter unserer Bank auf der Terrasse versteckte, dass wir die Balkontür öffneten und der Habicht ohne sein Opfer davon flog. Zwei Hühner hatten sich in den Stall geflüchtet, die restlichen unter die Terrasse. Es wirkt aber so, als ob keines der Tiere bleibende Schäden davon getragen hat.
Frühling bedeutet auch, dass wir endlich mit der Aussaat beginnen können. Im Gästezimmer stehen schon die kleinen Töpfen mit Anzuchterde und jeweils einem Samenkorn. Mal sehen, ob der Blumenkohl dieses Mal etwas wird.
Auch im Gewächshaus habe ich angesichts des verlockenden Wetters den Boden bereitet – oder besser wieder zusammengerecht, nachdem die Hühner ausführlich im Gewächshaus herumgescharrt hatten. Ich denke, die Erde ist reichlich gedüngt und müsste einen guten Ertrag bringen. Wenn der asiatische Salat Mizuna so schnell wächst wie die vergangenen Jahre, dann steht bald wieder etwas aus dem eigenen Garten auf unserem Speiseplan.
Mit unserer Kartoffelernte bin ich leider etwas zu sorglos umgegangen. Bis in den Januar hinein konnten wir mit den Knollen aus unserer Erde, die in der Speisekammer lagerten, gut auskommen. Dann habe ich den ersten von vier weiteren Säcken aus der Scheune geholt. Nach einem Monat war auch dieser leer, aber Nachschub war nicht mehr zu bekommen. Denn der tiefe Frost Mitte Februar hatte alle Kartoffeln in der Scheune zu Eis werden lassen. Mit steigenden Temperaturen verwandelten sich die harten Brocken in eine weiche, schwarze Masse. Damit war dieser Teil der letztjährigen Ernte nur noch für den Kompost geeignet. Schade. Aber es soll mir eine Lehre sein. In den kommenden Monaten werde ich mich endlich mit dem Keller beschäftigen, der frostfrei zu sein scheint, auch wenn er ansonsten nicht gerade einladend ist.
Angesichts der vielen Mäuler, die es mittlerweile im Schafstall zu stopfen, gilt, sind wir nicht mehr ganz so sicher, ob das Heu oberhalb des Stalls und in der Scheune wirklich ausreichen wird. Denn noch liegt viel Schnee ums Haus. Glücklicherweise sind allein heute sicher zehn Zentimeter hinweg geschmolzen. Es besteht also Hoffnung, dass sich irgendwann das Grün durchsetzt und die Schafe wieder selbst ihr Futter suchen können.
Bis dahin heißt es für uns, durch Pfützen und Seen zu fahren, zu waten oder den Hund hinüber zu tragen. Auch Haru hat wenig für dieses nasse Element auf dem Boden übrig. Dafür um so mehr für ein warmes, sonniges Plätzchen.
Der letzte Spaziergang mit dem Hund gerade eben bei schon schummrigen Licht lässt vom Frühlingshauch kaum mehr als eine Erinnerung. Es wird schon wieder zapfig im Tal der kleinen Ohe.