Circle of Life
Beim dritten Mal hat es geklappt. Nachdem unsere Eier trotz unseres stolzen Hahns offenbar nicht befruchtet sind, haben wir bei Bekannten Brutei-Anleihe genommen. Die ersten beiden Küken sind gestern im Brutapparat geschlüpft, Nummer 3 kam heute hinterher und es piepst noch immer laut und vernehmlich aus wenigstens einem weiteren Ei. Lautstärke und Schnäbelgröße lassen vermuten, dass es sich um Hähne handeln könnte. Das würde bedeuten, dass sich der Kreislauf des Lebens bald noch ein Stück weiter drehen muss.
Aber vielleicht sind es ja auch alles Hennen und wir haben ab Herbst noch mehr Eier. Denn unsere verbliebende Hühnerschar legt gerade fleißig. Den besonderen Geschmack der Eier können wir uns nur erklären mit ihrem Auslauf. Denn sie dürfen weiterhin ihre Kreise ums Haus und über die Wiesen ziehen. Das ergibt eine abwechslungsreiche Kost aus Grünzeug, Insekten und manchmal auch etwas Tierischem, das Haru übriggelassen hat.
Während die braune und schwarze Henne brav in der Nähe des Hahns bleibt, geht die Gesperberte gerne ihrer eigenen Weg. Keiner der Hühner traute sich allerdings mehr in den Wald und ist beim ersten Anzeichen eines Raubvogels unter dem nächsten Busch. Folglich haben sie die letzten zwei Monate alle auch gut überstanden. Allerdings ist die Wachsamkeit des Hahns vor Fuchs, Marder oder Habicht manchmal schon etwas nervig. Denn sein ohrenbetäubender Warnschrei gellt schon beim leisesten Anzeichen einer möglichen Gefahr über die Bergerau. Gut, dass wir keine Nachbarn haben. Am Abend ist die kleine Schar dann rechtschaffen müde und gerne gemeinsam auf der Stange.
Die Küken können sich gleich an den Lärm gewöhnen. Denn sie haben ihr Quartier aus dem Brutapparat mit Hilfe einer Transportkiste in den neuen Hühnerstall unter der Wärme des Rotlichts bezogen. Getrennt sind sie tagsüber nur durch Gitter von der Außenwelt. Der Hahn bringt seine Damen zum Sandbaden gerne in die Ecke daneben und so kann zumindest schon Kommunikation stattfinden. Jackson haben wir vorsichtshalber hinter dem Fliegengitter im Wohnzimmer gelassen. Er ist zwar vorsichtig mit seinem Maul (wenn es sich nicht um einen Mann handelt und der von uns nicht entsprechend eingeführt wurde), aber so ein Küken wäre vielleicht doch ein willkommener Snack am Abend.
Nach dem ausführlichen Regen ist es Zeit, die Schafe auch wieder die Wiese vor und hinter dem Haus abweiden zu lassen. Nur einen schmalen Streifen mähe ich selbst, damit wir ohne allzu nasse Füße am besten barfuß ums Haus gehen können. Für einen Tag war es eine echte Sommeridylle. Heute regnet es schon wieder. Das Wetter entspricht dami unserer Stimmung. Denn heute Abend kommt der Metzger.
Bei den gestrigen 25 Grad und strahlender Sonne haben sich die Schafe deshalb in den Schatten des Wagens zurückgezogen und träumen wiederkäuend vielleicht vom nächsten Winter. Den werden allerdings nicht alle erleben. Denn während die Küken schlüpfen, gehen einige der Lämmer (und auch ein älteres Schaf) den Weg allen Irdischen. Elf Tiere sind einfach zu viel und die Tiefkühltruhe ist leer. Außerdem fangen die beiden Böcke an, sich allzu sehr für die weiblichen Tiere zu interessieren. Also haben wir heute Vormittag die Bande zurück in den Schafstall gebracht und den jungen Tieren ihre Ohr- bzw. Schlachtmarken verpasst. Das geht wie beim Ohrlochstecken auch ganz ohne Blut und Schmerzen vonstatten (sofern man denn die richtige Stelle trifft – was, das sei vorausgeschickt, geklappt hat). Aber der Vorgang gepaart mit dem nahenden Abschied bleibt aufregend.
Cäsar, der erstgeborene Bock darf noch einmal trinken Schlacht-Kandidatinnen Romy und Ruby (rechts) Hope darf bleiben Elvira und die Lämmer (noch ohne Schlachtmarke)
Ganz auf Gemüseanbau umzusatteln, ist für uns aber auch keine Alternative. So gut der Rhabarber oder Kohlrabi, die Radieschen, Salate und Karotten auch geschmeckt haben. Es ist eine mühsame Angelegenheit. Das Wetter diktiert den Ablauf. Dieses Jahr machten die Eisheiligen ihrem Namen alle Ehre. Erbsen und Bohnen war es im Feld beim Holzstapel bisher zu kalt und allein das Unkraut gedeiht prächtig. Über die Kartoffelpflanzen im Gemüsegarten hat sich die Wühlmaus schon wieder her gemacht. Gut, dass es mittlerweile einen weiteren Kartoffelacker oberhalb des Schafstalls gibt und im Gewächshaus der Drahtwurm die Zucchini nicht anrührt. Manchmal kann Gift ganz schön verführerisch sein. Oder aber man akzeptiert, dass die Ausbeute einfach deutlich unter den Möglichkeiten bleibt, übt sich in Gelassenheit und lässt einfach alle teilhaben. Ein lohnenswertes Ziel, aber noch ein weiter Weg.
Gemüsegarten mit Wühlmauslücke Das obere Kartoffelfeld ist noch unberührt von Maus, Käfer oder anderen Schädlingen Zucchini im Gewächshaus