Monat: September 2016

Letzter Akt der Aneignung

Letzter Akt der Aneignung

…gelb, grün und braun leuchtete uns das Waidlerhaus vor gut zwei Jahren im Internet entgegen. Schnell war klar, dass dieser kleine Bauernhof am Rande des Nationalparks Bayerischer Wald unser neues Zuhause werden sollte. Zwei Jahre nach Abschluss des Kaufvertrags ist mit dem neuen Anstrich die endgültige Aneignung vollzogen.

 

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Eine Woche wird das Gerüst wohl noch den Ausblick einschränken und die Benutzung der Türen erschweren. Dann hat sich das Waidlerhaus vom Blueberry Cottage zum Blackwood Castle gewandelt. Die Auswahl der zweiten Farbe (rot für die Giebel und Fenster) fiel nicht leicht und noch bedarf es einer gewissen Gewöhnungsphase. Denn auch wenn wir die ursprüngliche Farbmischung nicht unbedingt mochten, hatten wir uns doch irgendwie daran gewöhnt.

Deshalb heißt es auch in diesem Fall: abwarten und den neuen Eindruck wirken lassen.

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Thomas Wegerbauer und sein Team sind überzeugt und geben ihr Bestes. Der Spengler hat uns die Abtropfbleche neu gemacht und wird den Kamin neu einfassen. Es gibt unendlich viele Kleinigkeiten, die an einem Haus zu machen sind oder die man machen könnte. Aber auch das haben wir ja freiwillig gewählt. Wahrscheinlich streichen wir die Garagen irgendwann selbst, aber das Holz am „Haupthaus“ hatte die Farbe dringend nötig und saugte begierig die schwarze Lasur auf.

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Jetzt glänzen die Schindeln und Bretter. Übringens, als wir die grünen Fensterläden, die nur noch zur Zierde neben den Fenstern angebracht waren, entfernten, flogen zwei Fledermäuse dahinter hervor. Dem Kot nach zu urteilen, waren sie dort bzw. hinter den Fensterläden an anderer Stelle häufiger Gast. Jetzt müssen sie sich in der Scheune einen neuen Schlafplatz suchen. Das dürfte ihnen angesichts der vielen Hohlräume und Ritzen aber nicht schwer fallen.

Verarbeitete Gartengeschenke
Verarbeitete Gartengeschenke

Im Gemüsegarten wächst der Salat noch langsam vor sich hin, die Kürbisse auf dem Misthaufen sind schon orange und fest, während die Tomaten wohl das Ende ihrer Lebenskraft erreicht haben. Es wird Herbst. Unsere Waldschafe dürften darüber eher erfreut sein. Denn die letzten Wochen Sonne mit spätsommerlichen Temperaturen verleiteten sie nicht allzu oft, den Schatten ihres kleinen Unterstands zu verlassen.

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Immerhin werfen die Bäume morgens und nachmittags mittlerweile einen langen Schatten, weil die Sonne nicht mehr so hoch steht. Auf dem hinteren Teil des Hangs gibt es noch viel abzufressen. Dann geht es zurück zum Schafsstall, dessen Umgebung ebenfalls noch reichlich Gras und Halme bietet. Mal sehen, ab wann wir von unserem gemähten Heu etwas dazu füttern müssen.

Noch in der Schönwetterperiode ist die nächste Generation Hühner geschlüpft, die unter den strengen Augen ihrer Glucke vorsichtig beginnen die Umgebung zu erkunden.

Aus den zehn Eiern sind sechs Küken lebendig geschlüpft, zwei haben es nicht geschafft und zwei Eier waren von der Glucke schon vorher aussortiert worden. Jetzt hoffen wir natürlich, dass die sechs Kleinen es allesamt schaffen. Die Glucke ist auf jeden Fall schon dabei, ihr Wissen an die Küken weiterzugeben.

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Unser Waidlerhaus oder besser Blackwood Castle mit all seinen Bewohnern wächst und gedeiht. Noch sind es zehn Schafe, die sich derzeit den kleinen Hang hinauffressen. Im November werden drei uns als Nahrung dienen und ihr Fell Wärme liefern. Auf zwei Stühlen liegt bereits ein Fell. Seit letzter Woche ist auch ein Sofa dazugekommen, das Küche noch wohnlicher macht – zumindest in unseren Augen.

unser-neues-sofa-von-vornUnd wer hat als erster darauf Platz genommen? Unschwer an den großen Ohren zu erkennen.

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Drei Wochen Hobby-Landwirt

Drei Wochen Hobby-Landwirt

…drei Wochen die Hühner morgens und abends versorgen, den Schafen frische Wiese abstecken, den Hühnerstall ausmisten, Heu einfahren, Feuerholz vorbereiten, Gemüse ernten, Beete vorbereiten und natürlich mit dem Hund morgens durch den Wald spazierengehen. Es gibt unendlich viele Kleinigkeiten, die den Tag auf dem Land viel zu schnell vergehen lassen. Am Abend steht dann wieder die Frage im Raum, warum ich denn schon so früh so müde bin.

Blick in unser Tal
Blick in unser Tal

Mittlerweile heißt es, vor dem Sonnenaufgang aufzustehen. In den drei Wochen konnten wir verfolgen, wie die Sonne immer später hinter den Bäumen emporstieg und früher in der Senke der Bergerau wieder verschwand. Die Solarlampen sind aufgestellt und bilden Lichtpunkte rund ums Haus, das ansonsten kurz vor dem Schlafengehen in völliger Dunkelheit auf unsere Wiese steht. Mir ist die Zeit nicht lang geworden, und es ist gut, dass auch nach dem Ende des Urlaubs drei Tage in der Woche unserem Waidler-Leben im Bayerischen Wald gehören.

Der Beruf des Landwirts ist nichts, was man so einfach nebenbei ausleben kann, das ist mir erneut klar geworden. Du brauchst Erfahrung und viel Geduld, um genau diese Erfahrungen machen zu können, wenn Du nicht ohnehin als Kind bei Deinen Eltern mit dabei gewesen bist. Wir mussten uns genauso an den Traktor gewöhnen wie an den Ladewagen, der in der vergangenen Woche endlich bei uns ankam. Baujahr 1974 und für moderne Verhältnisse winzig reicht er für unsere Wiesen definitiv aus, solange das Wetter es zulässt, dass wir trockenes Heu einfahren können. Das war in diesem Jahr kaum möglich – zumindest nicht, wenn man per Hand das Gras wenden, in Reihen aufhäufen und auf einen Holzwagen befördern muss. Immerhin einen Arbeitsgang können wir jetzt mit dem Ladewagen automatisiert bewerkstelligen.

Raupe am Apfelbaum
Raupe am Apfelbaum

Drei Wochen sind eine kurze Zeit, wenn ich mir das Wachstum der Karotten oder selbst des Salates anschaue. Zwei Wochen gab es kein Grünfutter (dafür aber kleine, rote Tomaten aus dem Gewächshaus). Die erste Karotte, die in Form und Umfang als solche durchgehen konnte, habe ich gestern aus dem Betonring herausgeholt. Geduld braucht es auch für unsere Bäume. Der Ahorn wirkt mehr wie ein grüner Stamm, nachdem die Äste all ihrer Blätter verloren gegangen sind. Der Apfelbaum hat nach den Wühlmaus-Attacken jetzt gefrässige Raupen zu überleben und die Kirsche scheint die scharrenden Hühner auch nur bedingt leiden zu können. Eine Aussage darüber zu treffen, ob aus den genannten Kandidaten dauerhafte Bewohner unseres kleinen Anwesens werden, ist aber erst nach mehreren Jahren möglich. Also heißt es abwarten.

Glucke
Glucke

Rund zehn Tage müssen wir noch warten, um herauszufinden, ob unser jüngster Neuzugang dem Waidlerhaus weitern Zuwachs verschafft. Die Glucke liegt platt wie eine Flunder in ihrer Obstkiste und wärmt die Eier. Einmal am Tag vertritt sie sich die Beine, frisst und trinkt etwas und hinterlässt vor allem überdimensionierte, stinkende Haufen, ehe sie sich wieder auf ihr Nest setzt. Unsere vier Küken aus der Brutmaschine laufen mittlerweile als Teenager-Hühner wie die Großen ums Haus herum. Es sind wohl zwei Hähne und zwei Hühner, wobei der eine Hahn ziemlich zurückgeblieben ist.

Glucke bei ihrem Ausflug
Glucke bei ihrem Ausflug

Sollten weitere Küken schlüpfen, übernimmt die Glucke alles Notwendige, und wir können mit der Heizlampe nur für eine einigermaßen angenehme Raumtemperatur sorgen. Denn der Winter kommt bestimmt und angesichts der Höhe der Ameisenhaufen und ihrer emsigen Aktivität könnte es ein früher und strenger Winter werden. Den Hühnerstall haben wir zwar so gut es geht Mauswiesel-sicher gemacht, aber gegen die Kälte müssen wir wohl wieder Folien und Dämmmaterial zwischen die Bretter packen.

Drei Wochen Urlaub bedeuten am Ende auch, dass wir wieder für drei Nächte Abschied nehmen müssen von einander. Ich weiß schon jetzt, wie sehr ich Dich in dieser Zeit vermissen werde.

Silke und Hanabi beim morgendlichen Ritual
Silke und Hanabi beim morgendlichen Ritual

 

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