Letzter Akt der Aneignung
…gelb, grün und braun leuchtete uns das Waidlerhaus vor gut zwei Jahren im Internet entgegen. Schnell war klar, dass dieser kleine Bauernhof am Rande des Nationalparks Bayerischer Wald unser neues Zuhause werden sollte. Zwei Jahre nach Abschluss des Kaufvertrags ist mit dem neuen Anstrich die endgültige Aneignung vollzogen.
Eine Woche wird das Gerüst wohl noch den Ausblick einschränken und die Benutzung der Türen erschweren. Dann hat sich das Waidlerhaus vom Blueberry Cottage zum Blackwood Castle gewandelt. Die Auswahl der zweiten Farbe (rot für die Giebel und Fenster) fiel nicht leicht und noch bedarf es einer gewissen Gewöhnungsphase. Denn auch wenn wir die ursprüngliche Farbmischung nicht unbedingt mochten, hatten wir uns doch irgendwie daran gewöhnt.
Deshalb heißt es auch in diesem Fall: abwarten und den neuen Eindruck wirken lassen.
Thomas Wegerbauer und sein Team sind überzeugt und geben ihr Bestes. Der Spengler hat uns die Abtropfbleche neu gemacht und wird den Kamin neu einfassen. Es gibt unendlich viele Kleinigkeiten, die an einem Haus zu machen sind oder die man machen könnte. Aber auch das haben wir ja freiwillig gewählt. Wahrscheinlich streichen wir die Garagen irgendwann selbst, aber das Holz am „Haupthaus“ hatte die Farbe dringend nötig und saugte begierig die schwarze Lasur auf.
Jetzt glänzen die Schindeln und Bretter. Übringens, als wir die grünen Fensterläden, die nur noch zur Zierde neben den Fenstern angebracht waren, entfernten, flogen zwei Fledermäuse dahinter hervor. Dem Kot nach zu urteilen, waren sie dort bzw. hinter den Fensterläden an anderer Stelle häufiger Gast. Jetzt müssen sie sich in der Scheune einen neuen Schlafplatz suchen. Das dürfte ihnen angesichts der vielen Hohlräume und Ritzen aber nicht schwer fallen.
Im Gemüsegarten wächst der Salat noch langsam vor sich hin, die Kürbisse auf dem Misthaufen sind schon orange und fest, während die Tomaten wohl das Ende ihrer Lebenskraft erreicht haben. Es wird Herbst. Unsere Waldschafe dürften darüber eher erfreut sein. Denn die letzten Wochen Sonne mit spätsommerlichen Temperaturen verleiteten sie nicht allzu oft, den Schatten ihres kleinen Unterstands zu verlassen.
Immerhin werfen die Bäume morgens und nachmittags mittlerweile einen langen Schatten, weil die Sonne nicht mehr so hoch steht. Auf dem hinteren Teil des Hangs gibt es noch viel abzufressen. Dann geht es zurück zum Schafsstall, dessen Umgebung ebenfalls noch reichlich Gras und Halme bietet. Mal sehen, ab wann wir von unserem gemähten Heu etwas dazu füttern müssen.
Noch in der Schönwetterperiode ist die nächste Generation Hühner geschlüpft, die unter den strengen Augen ihrer Glucke vorsichtig beginnen die Umgebung zu erkunden.
Aus den zehn Eiern sind sechs Küken lebendig geschlüpft, zwei haben es nicht geschafft und zwei Eier waren von der Glucke schon vorher aussortiert worden. Jetzt hoffen wir natürlich, dass die sechs Kleinen es allesamt schaffen. Die Glucke ist auf jeden Fall schon dabei, ihr Wissen an die Küken weiterzugeben.
Unser Waidlerhaus oder besser Blackwood Castle mit all seinen Bewohnern wächst und gedeiht. Noch sind es zehn Schafe, die sich derzeit den kleinen Hang hinauffressen. Im November werden drei uns als Nahrung dienen und ihr Fell Wärme liefern. Auf zwei Stühlen liegt bereits ein Fell. Seit letzter Woche ist auch ein Sofa dazugekommen, das Küche noch wohnlicher macht – zumindest in unseren Augen.
Und wer hat als erster darauf Platz genommen? Unschwer an den großen Ohren zu erkennen.